Geschichte, Produktion und Arbeitstechniken im 18. und 19. Jahrhundert.

"Die Entwicklung des ehemaligen Grundstücks des Spitalkellers – von einem Weinberg zu einer Sommerkelleranlage und schließlich zu einem Wirtshaus mit Biergarten – steht in engem Zusammenhang mit den veränderten Trinkgewohnheiten der Bevölkerung im 18. Jahrhundert, den Entwicklungen im Brauwesen, sowie den gesetzlichen Veränderungen zwischen 1799 und der Mitte des 19. Jahrhunderts."

Um die Bierproduktion im 18. Jahrhundert noch genauer einzuordnen, lohnt es sich, die Brauverfahren und Biersorten dieser Zeit, sowie die gesetzlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen näher zu betrachten.

Die Bierproduktion im historischen Kontext

1. Die obergärige Tradition und der Wandel zur untergärigen Brauweise
Im 18. Jahrhundert war Bayern noch stark von der obergärigen Brauweise geprägt. Typische obergärige Biersorten waren:

  • Weißbier (auch Weizenbier genannt), das besonders in der Oberpfalz und Altbayern verbreitet war.
  • Dunkles Gerstenbier, das aus einfachen Malzsorten hergestellt wurde und schnell verderblich war.
  • Schankbier, ein leichteres Bier mit geringem Alkoholgehalt, das oft für den schnellen Verbrauch gedacht war.

Da das Weizenbier seit 1567 unter herzogliches Monopol fiel und nur in staatlich kontrollierten Brauhäusern gebraut werden durfte, konzentrierten sich die Brauer zunehmend auf Gerstenbiere.

Die Einführung des Sommersudverbots (1553) zwang die Brauer dazu, auf haltbarere Biersorten umzusteigen. Die Lösung bot die untergärige Brauweise, die durch ihre längere Gärzeit und niedrigeren Temperaturen das Bier stabiler machte. Diese Methode war im 18. Jahrhundert noch nicht flächendeckend verbreitet, fand aber besonders in Regionen mit geeigneten Lagerkellern immer mehr Anhänger.

 

Die Brauer erkannten vermutlich früh das Potenzial dieser neuen Brauweise und setzte verstärkt auf Braunbier, das untergärig vergoren wurde. Besonders das Märzenbier dürfte in einem Sommerkeller eine zentrale Rolle gespielt haben.

2. Märzenbier und seine Lagerung im Sommerkeller
Das Märzenbier wurde traditionell im März gebraut, wenn die Temperaturen noch kühl genug waren, um eine untergärige Gärung zu ermöglichen. Es hatte einen höheren Stammwürzegehalt (meist um die 13–14 %), was zu einem stärkeren Bier mit mehr Alkohol führte – ein natürlicher 
Schutz vor Verderb. Nach dem Brauen wurde es mehrere Monate lang in tiefen Kellern oder Felsenkellern gelagert.

 

Ein Sommerkeller bot ideale Bedingungen für die Lagerung von Märzenbier:

 

  • Durch seine Lage war er tief genug, um eine gleichbleibend kühle Temperatur zu gewährleisten.
  • Vermutlich wurden die Steinweger Keller mit Natureis aus dem Regen, der Donau oder umliegenden Gewässern gekühlt, um die Temperaturen im Sommer weiter zu stabilisieren.
  • Die lange Lagerzeit im Keller verlieh dem Bier einen milderen, ausgereifteren Geschmack, was die Beliebtheit untergäriger Biere weiter steigerte. 

Zusammenfassung

 

  • Während noch obergärige Biere wie Weißbier und Schankbier verbreitet waren, setzten die Brauer im 18. Jahrhundert vermutlich verstärkt auf untergäriges Braunbier.
  • Das Märzenbier, das im März gebraut und über den Sommer gelagert wurde, dürfte die Hauptsorte in den Sommerkellern gewesen sein.

Die günstige Lage der Sommerkeller ermöglichte eine lange und stabile Lagerung, wodurch das Bier auch in den Sommermonaten haltbar blieb. 

  • 1. Rohstoffe und Brauprozess

Die Qualität des Bieres hing maßgeblich von den verwendeten Zutaten ab. Im 18. Jahrhundert wurden folgende Rohstoffe genutzt:

 

  • Gerste: Die wichtigste Getreidesorte für untergäriges Bier. Das Malz wurde damals noch über offenem Feuer getrocknet, was dem Bier einen leicht rauchigen Geschmack verlieh.
  • Hopfen: Bereits im Mittelalter wurde Hopfen als Konservierungsmittel eingesetzt, um das Bier haltbarer zu machen. Er gab dem Bier seine typische bittere Note.
  • Wasser: Die Wasserqualität war entscheidend und das Wasser wurde meist aus einem Brunnen entnommen.
  • Hefe: Die untergärige Hefe setzte sich im 18. Jahrhundert langsam durch. Sie benötigte niedrigere Temperaturen (ca. 5–10°C), weshalb ein Sommerkeller mit seinen tiefen Lagerräumen ideal für die Gärung und Lagerung war.

Brauprozess für untergäriges Bier (Märzenbier)

  1. Mälzen: Die Gerste wurde eingeweicht, zum Keimen gebracht und anschließend getrocknet.
  2. Maischen: Das geschrotete Malz wurde in heißem Wasser erhitzt, um Zucker aus der Stärke zu lösen.
  3. Läutern: Der entstandene Zuckerextrakt (Würze) wurde von den festen Bestandteilen getrennt.
  4. Kochen mit Hopfen: Die Würze wurde mit Hopfen gekocht, um die Bitterkeit und Haltbarkeit zu verbessern.
  5. Abkühlen & Gärung: Die Würze wurde auf niedrige Temperaturen heruntergekühlt und mit Hefe versetzt. Die Gärung dauerte mehrere Wochen bei ca. 5–10°C.
  6. Lagerung: Das Bier wurde über mehrere Monate in den kühlen Sommerkellern gelagert. 

Die Brauer im 18. Jahrhundert dürften mit diesen Techniken gearbeitet haben, um haltbares und geschmacklich ausgereiftes Bier für den Sommerausschank zu produzieren.

2. Die wirtschaftliche Bedeutung der Sommerkelleranlage

Die Errichtung eines eigenen Sommerkellers war für die Brauereien nicht nur eine technische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftlich kluge Entscheidung.

 

  • Eigenständigkeit & Expansion: Indem Sie ihr Bier selbst lagerten, waren Sie nicht mehr auf andere Lagerkeller angewiesen. Dadurch konnte er seine Produktion ausweiten.
  • Wachsende Nachfrage nach untergärigem Bier: Die Bevölkerung schätzte das länger haltbare und im Sommer bekömmlichere untergärige Bier zunehmend mehr als das schnell verderbliche obergärige Bier.

    Mit der Liberalisierung des Biermarktes Ende des 18. Jahrhunderts und der Aufhebung des Bierzwangs (1799) entwickelten sich viele Sommerkelleranlagen zu einer noch bedeutenderen Einrichtung.

Die Stadtamhofer Brauer spielten eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des Bierwesens in Regensburg. Ihre Entscheidung, einen eigenen Sommerkeller auf den Nordhängen zu errichten, war wirtschaftlich vorausschauend und ermöglichte eine stärkere Unabhängigkeit. Die günstigen Lagerbedingungen machten es möglich, untergäriges Märzenbier über Monate haltbar zu machen. 
 

Mit der Liberalisierung des Biermarktes Anfang des 19. Jahrhunderts und der Einführung der Biergartenverordnung, wandelten sich viele  Sommerkeller von einer reinen Lagerstätte, zu einer Kellerschänke oder einem beliebten Biergarten.

Die Eisernte: Traditionen und harte Arbeit für ein kühles Spital- Kellerbier.

 

In einer Zeit, in der die Verfügbarkeit von Eis eine Seltenheit war, hatten die Bierbrauer der Spitalbrauerei eine besondere Herausforderung zu meistern, um im Sommer kühles Bier zu garantieren. Der Schlüssel zu ihrem Erfolg war die Eisernte. Diese anspruchsvolle Arbeit erforderte nicht nur muskuläre Stärke, sondern auch handwerkliches Geschick und Durchhaltevermögen.

Für die Eisernte wurden fünf unverzichtbare Werkzeuge verwendet: ein Schlegel, eine Hacke, Eishaken, Säge und eine breite Schaufel. Diese Ausrüstung, in Kombination mit einem geeigneten Fahrzeug, ermöglichte es den Arbeitern, das begehrte Eis aus dem Regen oder Weihern zu beschaffen, um es dann an den Sommerkeller an der Nürnberger Straße in Steinweg zu transportieren. Anfangs wurden Pferdegespanne eingesetzt, doch im Laufe der Zeit ersetzte der Lastwagen das treue Tier.

Landwirte, Brauer, Arbeiter und Hilfskräfte verschrieben sich diesem mühsamen Prozess, um sicherzustellen, dass die Spitalbrauerei auch im Sommer stets das beste und frischeste Bier anbieten konnte. Alle drei Tage, wenn die Weiher erneut zugefroren waren, begaben sich die Männer an die Arbeit. Wenn das Thermometer über vier bis fünf Tage hinweg um die 10-20 Grad Minus anzeigte, konnte sogar am Regen beim Auerbräu oder an der Donau geschnitten werden.

Die Eisernte begann mit dem Einschlagen eines Lochs in die Eisfläche mittels einer Axt. Mit einer speziellen Eissäge wurden dann quadratische Blöcke von etwa zwei mal zwei Metern geschnitten. Diese wurden von kräftigen Männern mit Eiszangen ans Ufer gezogen, dort gestapelt und auf landwirtschaftliche Anhänger geladen. Ziel war der Sommerkeller in Steinweg, wo das Eis mit einem speziellen Holzschlegel zerkleinert und im Eiskeller über einen Schacht eingefüllt wurde. Die Wände des Eiskellers wurden gekalkt und mit einem Balkengerüst geschützt. Um möglichst geringe Luftschichten zu erhalten, wurde das Eis mit Wasser übersprüht, sodass es zu einem massiven Eisklumpen gefror. Am Ende konnte der Arbeiter über einen Ausstiegsschacht den Eiskeller verlassen.

Die Spitalbrauerei benutzte aber auch eine innovative Methode, um Eis direkt über dem Tonnengewölbe zu produzieren. Sie errichteten einen Eisschacht bis zur Erdoberfläche und platzierten darauf ein Balkengerüst, auch bekannt als "Eisgalgen". Dieses beeindruckende Gerüst war etwa fünf Meter hoch, 3-stöckig und acht bis zehn Meter lang. Bei Temperaturen von mindestens drei Grad unter Null wurden die Baumstämme über Wasserleitungen besprüht. An den Stämmen begannen sich Eiszapfen zu bilden, die bei anhaltender Kälte bis zu drei Meter lang wurden. Sobald die massiven Eiszapfen dicht an dicht hingen, wurden sie mit Äxten abgeschlagen und fielen 16 Meter tief durch den Eisschacht direkt in das Tonnengewölbe.

 

Die Eisernte war nicht nur eine harte körperliche Arbeit, sondern auch ein beeindruckendes Zeugnis von Erfindungsreichtum und Teamarbeit. Sie ermöglichte es den Bierbrauern, auch in den wärmsten Monaten des Jahres ein qualitativ hochwertiges Produkt anzubieten. Die Männer, die diesen Prozess meisterten, verdienen höchste Anerkennung für ihren Einsatz und ihre Hingabe an die Kunst des Bierbrauens. "Mit Eis stopf' Deine Keller voll, wenn dir dein Bier gelingen soll!" - Diese Worte wurden zur Maxime einer ganzen Gemeinschaft, die sich der Eisernte verschrieben hatte.

Der Eiskeller von 1882 des Spitalkellers – Eine historische Kühltechnik

Dieser befindet sich zwischen zwei Gewölben: dem älteren Tonnengewölbe von 1760 und einem weiteren Gewölbe aus dem Jahr 1882. Vermutlich wurde dafür ein älterer Eiskeller abgerissen, der sich möglicherweise vorne rechts im alten Tonnengewölbe befand. Ein Hinweis darauf ist ein Mauerstück mit denselben Ziegeln und Schichtungen wie im Gewölbe von 1882.
Aufbau und Befüllung des Eiskellers

Vor Beginn der Eissaison, meist im Oktober, wurde der Eiskeller vorbereitet. Zunächst kalkte man die Wände, um sie zu desinfizieren. Anschließend wurde ein Balkengerüst errichtet, das den Keller in zwei Bereiche teilte: einen Gang und den eigentlichen Eiskeller. Das Gerüst bestand aus viereckigen Kanthölzern mit Querbalken und hatte einen kleinen Abstand zur Außenwand. Danach wurde der Durchgang mit Holzplatten verschlossen und eine Einstiegsluke eingebaut. Sobald das Eis angeliefert wurde, brach man die großen Eisblöcke am Spitalkellerweg in kleinere Stücke. Ein Arbeiter kletterte über die Einstiegsluke mit einer Leiter in den Keller und verteilte das Eis mit einem Rechen. Anschließend wurde es mit Wasser besprüht, wodurch ein massiver Eisblock entstand. Sobald der untere Einstieg versperrt war, konnte der Arbeiter den Keller nur noch über den oberen Ausstiegsschacht verlassen. Der Eiskeller wurde so bis oben hin gefüllt, um das angrenzende Tonnengewölbe über den kommenden Sommer hinweg auf etwa 6 °C zu kühlen.
Nutzung des Eises

Das Eis diente vor allem zur Kühlung des Gewölbes, da die Gärung des Bieres eine niedrige Temperatur erforderte. Falls kein Eis vom sogenannten Eisgalgen zur Verfügung stand, konnte der Durchgang zum Gang geöffnet und das benötigte Eis mit einer Axt aus dem Eiskeller gehauen werden. So sorgte der Eiskeller zuverlässig für die Kühlung der eingelagerten Fässer – eine beeindruckende Technik lange vor der Erfindung moderner Kühlsysteme.

Der künstliche Eiskeller 

Der künstliche Eiskeller wurde im letzten Bereich des Tonnengewölbes von 1882 aus Natureis errichtet. Die Spuren aus der Damaligen Zeit sind noch Heute am Boden des Gewölbes zu erkennen. Der Eiseinfüllschacht des Natureiskellers war mit dem Eisschacht verbunden, der vom Tonnengewölbe bis an die Erdoberfläche hinausragte. Darauf stellte man dann den Eisgalgen, um damit das Eis für den künstlichen Natureiskeller zu produzieren. Um möglich viel Eis vom Eisgalgen einlagern zu können, wurde eine 7 Meter Breite, 3 Meter dicke und ca. 2,50 Meter Hohe Mauer aus massiven Eis errichtet, hinter welcher dann das Eis vom Eisgalgen aufgeschüttet wurde.

 

Bereits seit 1869 lassen sich durch die Sitzungsprotokolle des Spitalrats die Eiseinlagerungen anhand der Menge nachvollziehen. Von 1893/94 bis 1900/1901 finden sich jedoch ausführliche Verträge mit den jeweiligen Dienstleistern. Darin wird genau beschrieben, wo das Eis eingelagert werden soll. So soll der eigentliche Eiskeller, die Räume unter den Lagerbierfässern und „bei der Kopfwand des Kellers eine Eiswand aufzuführen in einer Dicke von 3 M., welche die ganze Breite und ungefähr drei Viertel der Höhe des Kellers ausfüllt. Die Freiseite dieser Eiswand ist aus großen Eisstücken herzustellen, und der Innenraum mit klein geschlagenem Eis zu füllen. Voll zu füllen ist auch der Eisraum in dem Schenkkeller“. Der Platz der 3 Meter Eismauer an der Nordseite des Kellers ist heute noch durch die Beschaffenheit des Bodens sichtbar. Das Eis selbst wurde aus dem Regen und der Donau gebrochen. Zumindest gibt es für beide Flüsse eine Genehmigung mit Ortsangabe. 24 SpAR, Kasten II, Fach 37, Fasc. 19,

Eiseinfüllschacht

Eisschacht


Der Eisraum des Schenkkellers

Um die Gäste im Sommer ausreichend mit Bier zu versorgen, gab es im Biergarten zwei Schankbereiche. Einer befand sich im Gästehaus rechts neben der Sommerkegelbahn, der andere rechts neben dem früheren Biergartenaufgang (Treppe). Der Eisraum des Schenkkellers lag unterhalb der Sommerschenke im Erdgeschoss des Kellerhauses.

Der Eisgalgen der Spitalbrauerei

Um möglichst viel Eis kostengünstig zu produzieren, nutzte die Spitalbrauerei eine einfache, aber wirkungsvolle Methode. Direkt über dem Tonnengewölbe wurde ein Eisschacht bis zur Erdoberfläche angelegt, über dem ein Balkengerüst – der sogenannte „Eisgalgen“ – errichtet wurde. Dieses Gerüst war etwa fünf Meter hoch und acht bis zehn Meter lang.

 

Sank die Temperatur auf mindestens minus drei Grad Celsius, wurden die Baumstämme des Gerüsts über Wasserleitungen berieselt. An ihnen bildeten sich stetig wachsende Eiszapfen, die bei anhaltend kaltem Wetter über drei Meter lang werden konnten. Sobald die Eiszapfen dicht an dicht hingen, schlugen die Brauereimitarbeiter sie mit einer Axt ab. Die abgebrochenen Eiszapfen fielen dann durch den Eisschacht direkt in den Gewölbekeller bzw. in den künstlich errichteten Eiskeller.

Eisgalgen des Spitalkellers

Tonnengewölbe von 1882